2014 - 2 Tage auf einer "Yacht" durch und um Berlin

2014 gings mal wieder nach Berlin auf eine Yacht. Hatten wir lange nicht. Außerdem war der Elch durch seine Knie-OP noch nicht so fit um, größere Wander-oder Radtouren zu unternehmen. Am Mittwoch war Anreise im strömenden Regen. Aber der Wettergott hatte mit uns ein Einsehen und am Donnerstag ließ er zumindest die Schleusen geschlossen. Ca. 16:00 Uhr waren alle im Touristenhaus Grünau eingetroffen. Das ist quasi eine Jugendherberge mit zentralen sanitären Anlagen. Die Zimmer versprühen noch den Charme der 60-er. Wände höchstwahscheinlich vor 30 Jahre das letzte Mal gestrichen, Gardinen hingen in Fetzen herunter und Fenster ließen sich aufgrund abgebrochener Griffe nicht öffnen. Außen zwar ganz passabel, aber innen wurde nur das Allernötigste gemacht. Die Betten machten auch nicht gerade einen vertrauenserweckenden Eindruck - doch davon später. Das Haus verfügt über einen eigenen Bottsanleger für ca. 20 Boote und so waren wir optimistisch dort für unser Boot am kommenden Tag noch einen Platz zu finden. Mußten uns aber bis Donnerstag mit der Klärung dieser Frage gedulden - dann sollte der Chef kommen.

Nach dem allgemeinem Begrüßungsritual gings zunächst einmal per Bahn und Bus nach Richtershorn, wo Paul eine Westernkneipe ausgespäht hatte. Dort angekommen unternahmen wir sofort größte Anstrengungen um der drohenden Unterhopfung zu entgehen. Parallel schauten wir auf den zahlreich installierten Monitoren die Direktübertragung des wöchentlichen Trainings der örtlichen Square-Dance-Truppe zu, welche im großen Saal live zu sehen war ...... Das Speisen waren sehr üppig und lecker. Zur Verdauung mußten allerhand Obstler und Ramazotti vertigt werden. Elch hatte den ganzen Tag Probleme mit seinem vor 4 Monaten operierten rechten Bein. Die Wadenschmerzen wurden immer schlimmer. Eine Vorahnung machte sich breit. Gegen 22:30 Uhr zurück zum Touri-Haus - diesmal mit dem Taxi. Der einzige Gemeinschaftsraum, der auch als Frühstücksraum genutzt wird, ist ab 22:00 gechlossen, sodaß die nächsten Obstler und Biere im Zimmer ihren Weg zum Verdauungsorgan fanden. Danach ab ins Bett - wann - keine Ahnung.

Die Nacht war der Kracher - und das im wahrsten Sinne des Wortes. Gerade der Elch hatte ein Bett erwischt mit einer Matraze von sagenhafter 5cm Stärke - darunter lediglich Holzbretter. Wahrscheinlich ermöglichte nur der Alkohol-Pegel die eine oder andere Schlafphase. Am Morgen versprachen die 2 Angestellten vom Service die Matraze zu tauschen. Na schaun wir mal ...Das Frühstück war gut und so konnte es frisch gestärkt auf Tour gehen.

Paul hatte im Spreepoint eine Yacht für 6 Personen mit 50 PS - Motor bestellt. He - cool - da wird ja richtig die Post abgehen. Die nächste größere Herausforderung, die der Berlin-Touri lösen muß, lies nicht lange auf sich warten - die Fahrt mit dem ÖPNV !! Die Straßenbahnhaltestelle war keine 200 Meter entfernt. Woher bekommt der Touri Karten - am Automaten in der Bahn lautet die Antwort. Diese Dinger nehmen jedoch nur Hartgeld, welches man auch noch passend haben muß - Scheine und Wechselgeld nicht möglich. Ebenso der des Tickets beim Fahrer - keine Chance. Service sieht völlig anders aus. Aber das denken sicher nur die 5 Trottel vons Dorf bzw. aus der Provinz. Die Herren der BVG sind bestimmt der Meinung, dass Sie das beste System der Welt besitzen. Das sollten Sie mal über den preußischen Gartenzaun schaun und sich angucken wie das andere Kommunen gelöst haben. Da wir nicht alle Anforderungen des Hauptstädtischen Ticketkaufs erfüllen konnten, mußte ein wenig "improvisiert" werden.

Angekommen am Spreepoint übernahm Paul die bestellte Yacht. Nicht gerade so groß, wie die Yachten, mit denen wir bereits 2 Mal eine Berlinrunde gedreht hatten, aber für 2 Tage völlig ausreichend, da wir ja diesmal nicht auf dem Boot schlafen wollten. Also nix wie rein und Gummi geben .... Keine 200 Meter dauerte der Spaß - dann soff der Kahn ab. Da 3 Leute auf der Hinterbank saßen, lag der halbe Motor im Wasser. Paul bekam etwas Puls und wollte das Boot schon zurück bringen. Die Lösung war jedoch ganz einfach - man konnte den Motor in seiner Höhe verstellen, sodaß er genug Luft ziehen konnte und auch die Abgase vernünftig entweichen konnten. Es konnte also weiter gehen. Leider mußten wir dann jedoch feststellen, das die Konstruktion des Bootes nicht für den 50PS-Motor und sechs mehr oder wenig stabile Burschen ausgelegt war. Bei Vollgas stellte sich der Kahn lediglich in die Höhe - ohne eine sichtlichen Geschwindigkeitsgewinn - dafür aber mit einem ohrenbetäubenden Anstieg des Lärmpegels - Paul bekam noch mehr Puls ......

Der erste Tag unserer Tour sollte uns in die Berliner City führen. Erstaunlich für die Nichtberliner war die Tatsache, wie viele Industrieruinen noch links und rechts des Spreeufers zu sehen sind, obwohl auch teilweise topmoderne Neubauten unterschiedlicher Colleur zu sehen waren. Mittags gabs typisch für Wasserkapitäne Matjes und Flensburger Pilsner an einer sehr schön gelegenen Kneipe. Unter der Oberbaumbrücke vorbei an der O2 World wollten wir bis ins Regierungsviertel. Aber die Wasserverkehrszeichen sind oft noch unergründlicher als die Dinger auf der Straße. So bekam Paul als Bootsführer dann doch etwas Pupensausen und wir machten eine Kehrtwende. War jedoch auch zeitlich o.k. so, denn der Rückweg bis nach Grünau streckte sich doch noch erheblich. Rechts abbiegen in den Britzer Verbindungskanal und dann über den Teltowkanal wieder auf die Dahme. Gegen 18:00 Anlegen am Bootssteg des Hostels - Paul hatte zum Glück mit dem Cheffe am Morgen einen Deal ausgehandelt und für schlappe 10 Euronen durften wir die Nacht das Boot antauen. Service sieht auch hier anders aus. Zumahl die Hälfte der dort liegenden Boote eine Fall fürs Abwrackteam waren.

Der erste Blick ins Zimmer von Waldi und dem Elch war wie erwartet ernüchternd. Keine neue Matraze wie versprochen. Die "nette" Cheffin am Empfang meinte natürlich sofort "Annnere hammer nich" ! Da mich diese Antwort nicht so sehr befriedigte, mußte sich erst der Cheffe einschalten. Er versprach umgehend den Tausch der Matraze. Blos gut, denn eine weitere Nacht hätte ich nicht überstanden - es sei denn mit noch mehr Alllelllooohl ......

Brotzeit - will heißen wir gehen auf Suche nach einer Lokalität. Die nächstgelegene hatte wegen Familienfeier geschlossen. Nur wenige 100 Meter entfernt finden wir im Cafe Liebig - dem ältesten Berliner Jugendstiel-Cafe - die ideale Gaststätte. Soljanka und Schnitzel in unterschiedlichster Ausführung und zu moderaten Preisen fanden den Weg zum Verdauungsorgan. Alles sehr lecker. Erstaunlicherweise war auch hier wieder Flensburger vom Faß im Angebot. Die nette Kellnerin hatte offenbar einen Narren an uns gefressen, denn Kuchen für den Elch, Obstler für alle und Espresso für alle gingen aufs Haus - Super ! Im Hostel angekommen verzog der Elch sich aufs Zimmer, da die Schmerzen im Bein nur durch Hochlegen zu mindern waren. In Halle wird wohl mal der DOC draufschauen müssen. Der Rest nahm noch einige Biere und Bratwürste, die hinter dem Hostel angeboten wurden. Es war sehr kalt - gegen 0:30 reichte es dann auch den verbliebenen 5 Recken. Das Wetter für den kommenden Tag machte optimistisch.

Der Blick aus dem Fenster entschädigte für den kalten Vortag - die Sonne tauchte die Dahme in gleißendes Licht. Ein Tag fürs Bootfahren wie geschaffen. Kurz nach dem Frühstück gings daher sofort auf die Yacht. Vorbei an der Regattastrecke Grünau fuhren wir in Richtung Zeuthen - Königs Wusterhausen. Da kamen sofort bei allen Beteiligten Erinnerungen an die ersten Berlin-Bootstouren mit Punt-Booten und Ibis-Booten hoch. Man waren das Zeiten ! Zunächst galt unser ganzes Augenmerk jedoch der Benzinbesorgung. Da die Tankanzeige des Bootes nicht einmal für eine Schätzung gut war, besorgten wir uns zunächst einen 10L Kanister an einer nahe dem Fluß gelegenen Aral-Tanke. Vorbei am Langen See und Zeuthener See tuckerten wir bis in den Crossinsee, wo eine leckere Brotzeit in Form von Soljankas auf uns wartete. Das nächste Ziel war der Müggelsee. Über etliche Kanäle, den Seddinsee und den Dämeritzsee gings weiter auf die Müggelspree. Bei bestem Wetter legten wir noch einmal an, um Espresso und Quark-Kuchen (ohne Rossinen) zu schnabulieren.

Die "Überquerung" des Müggelsees dauerte doch eine ganze Weile. Mit unserem Boot waren wir nicht schneller als 2 Dreier-Runderboote. Am anderen Ufer angekommen, war der Weg zu Spreepoint nicht mehr weit und wir konnten das Boot wieder abgeben. Unterwegs hatten wir wieder fleißig Hartgeld gesammelt, denn es ging mit der Straba zurück in Richtung Touristenhaus Grünau. Da wie ohnehin den letzten Abend noch einmal zur Westernkneipe nach Richtershorn wollten, blieben wir gleich sitzen. Ein schöner Platz im Biergarten mit Blick aufs Wasser und dazu Grillrippchen und Bier - Männerherz was willst Du mehr. Da das Bein vom Elch immer mehr Probleme bereitete, fuhr er mit der Strabe zurück ins Hostel, während der Rest noch eine schöne Abendwanderung unternahm. Hinterm Hostel gabs noch Gezapftes, was außer dem Elch, der schwer mit seinem Bein zu kämpfen hatte, alle anderen wahrnahmen.

Der Samstagmorgen war eine Spiegelbild des Vortages - herrliches Sonnenscheinwetter. Da Waldi noch eine sehr lange Strecke bis nach Hause vor sich hatte, verabschiedeten wir uns von Ihm. Der Rest der Truppe wollte noch zum Müggelturm - dem bekannten Köpenicker Ausflugsziel zu DDR-Zeiten. Seit 1990 scheiterten alle Versuche den Turm und das angrenzende Areal zum privatisieren und zu modernisieren. Seit Mai 2014 ist Matthias Große, der Freund von Claudia Pechstein, der neue Eigentümer der Immobilie. Und wie es der Zufall so will, treffen wir beide bei der Besichtigung der Anlage. Es scheint sich Einiges zu tun und wir können nur hoffen, daß die Neugestaltung des Turms diesmal erfolgreich sein wird.

Während der Elch im Auto dem Bein eine Ruhepause gönnt, machen die anderen noch einen Abstecher zur Gaststätte Rübezahl, wo sie endlich auch die ersehnte Berliner Boulette bekommen. Dann ist auch dieser Herrentag wieder Geschichte und wir treten die Heimreisen an. Das Ziel für kommendes Jahr ist abgesteckt. Es soll nach Cesky Krumlov und an den Lipno Stausee gehen. Noch knapp 356 Tage warten. Aber fast alle sehen sich bereits im Juli wieder - der Kelly wird 60 !!!


Der Elch - Juni 2014

Nachtrag

Am Montag nach Männertag wurde beim Elch eine Thrombose festgestellt - wahrscheinlich Spätfolgen der Knie OP Ende Januar. D.h. 1/4 Jahr Blutverdünner und 1/2 Jahr schicke Thrombose-Strümpfe -> Shit happens on the way to hell !!!